Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass bei einer betriebsbedingten Kündigung das Lebensalter des Arbeitnehmers nachteilig berücksichtigt werden kann, wenn er bereits eine (vorgezogene) Rente wegen Alters abschlagsfrei bezieht. Die Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers hat anhand der in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG bzw. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO genannten Kriterien zu erfolgen. Das Auswahlkriterium „Lebensalter“ ist dabei ambivalent. Zwar nimmt die soziale Schutzbedürftigkeit zunächst mit steigendem Lebensalter zu, weil lebensältere Arbeitnehmer nach wie vor typischerweise schlechtere Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Sie fällt aber wieder ab, wenn der Arbeitnehmer entweder spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses über ein Ersatzeinkommen in Form einer abschlagsfreien Rente wegen Alters – mit Ausnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§§ 37, 236a SGB VI) – verfügen kann oder über ein solches bereits verfügt, weil er eine abschlagsfreie Rente wegen Alters bezieht.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. Dezember 2022 – 6 AZR 31/22