BGH: Städtebaurechtlicher Gebietserhaltungsanspruch im Zivilprozess?

Die Eigentümer zweier Wohnhaus-Grundstücke haben durch Zivilklage versucht, gegen bestimmte Nutzungen eines landwirtschaftlichen Betriebes in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft vorzugehen. Der landwirtschaftliche Betrieb war in einem faktischen Dorfgebiet gelegen, mit Ausnahme einer Lagerhalle, welche ebenso wie die Häuser der Kläger in einem allgemeinen Wohngebiet gelegen war. Die Kläger forderten Unterlassung der landwirtschaftlichen Nutzung der Lagerhalle sowie die Benutzung der an der Grenze befindliche Straße durch landwirtschaftliche Fahrzeuge.

In der Revisionsinstanz vor dem Bundesgerichtshof hatten sie endgültig keinen Erfolg. Der BGH stellte zunächst fest, dass den Hauseigentümern zwar durchaus ein öffentlich-rechtlicher Gebietserhaltungsanspruch zustehen könnte, soweit die landwirtschaftliche Nutzung mit dem Gebietscharakter des Allgemeinen Wohngebietes unvereinbar sei. Ein solcher Anspruch, der im öffentlichen Baunachbarrecht entwickelt worden ist, kann grundsätzlich auch im Rahmen einer Zivilklage geltend gemacht werden, nämlich im Wege des quasi-negatorischen Unterlassungsanspruchs aus § 1004 BGB. Ein solcher Unterlassungsanspruch hängt dann auch nicht vom Verschulden des Nachbarn ab.

Im vorliegenden Fall war der Unterlassungsanspruch jedoch nicht begründet. Anders als die Vorinstanz stellte der BGH darauf ab, dass die landwirtschaftliche Nutzung des Nachbarn ihrerseits durch eine Baugenehmigung gedeckt war. Die Baugenehmigung ist seinerzeit unter den städtebaurechtlichen Maßstäben des angrenzenden Dorfgebietes erteilt worden. Allein die Tatsache, dass die Baugenehmigung bestandskräftig war, verhalf dem Landwirtschaftsbetrieb zur endgültigen Abwehr des nachbarlichen Unterlassungsanspruchs.

BGH, Urteil vom 21.01.2022 – V ZR 76/20, BGH-Entscheidungsdatenbank