Die Vorinstanz hatte die Beklagte Wirtschaftsprüfergesellschaft zum Schadensersatz aus § 826 BGB verurteilt. Sittenwidrigkeit liege im Rahmen der Erteilung des Bestätigungsvermerkes vor, wenn dieser in einem solchen Maße Leichtfertigkeit an den Tag gelegt habe, dass die Erteilung als Gewissenlosigkeit zu werten sei.
Hintergrund der Verurteilung war ein Immobilienkauf im Jahr 2008 und in späterer Zeit herausgegebene Anleihen in einem Volumen von 300 Millionen €. Der Kaufpreis der Immobilie war noch nicht gezahlt, nach Einwerbung der Anleihen wurde von den Kaufverträgen zurückgetreten, die Forderungen wurden mithin nicht realisiert.
Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 20.01.2022 – III ZR 194/19) äußert sich ausführlich dazu, nach welchen Kriterien eine Geldforderung bilanziell zu bewerten ist. Im Grundsatz gilt § 253 Abs. 1 S. 1 HGB. Bei offenen Kaufpreisforderungen, wie im Ausgangsfall, ist der Nennwert der offenen Forderungen anzusetzen. Ist eine Forderung nicht sofort fällig, ist eine Abzinsung vorzunehmen, wenn die Forderung nicht oder nur gering verzinst wird. Eine Ausnahme gilt für Forderungen mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr. Bei risikobehafteten Forderung ist dieser Umstand durch eine Abschreibung nach §§ 252 Abs. 1 Nr 4, 1. HS, 253 Abs. 4 HGB Rechnung zu tragen. Insofern sind sie mit ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen. Dies ist der Wert, mit dem sie wahrscheinlich realisiert werden können.
Der Bundesgerichtshof stellt ferner klar, dass es an dieser Stelle auf eine Schätzung ankommt, bei dem Ermessen des Kaufmanns besondere Bedeutung zukommt. Maßgebend ist, ob ein vorsichtig bewertender Kaufmann nach der allgemeinen Lebenserfahrung aus den jeweiligen Umständen des Einzelfalls die Annahme eines teilweisen Forderungsausfalls herleiten darf. Die Zahlungsfähigkeit und die Zahlungsunwilligkeit eines Schuldners sind dabei individuell nach dessen Verhältnissen zu ermitteln. Die Schätzung erfordert eine objektive Grundlage in den am Abschluss Stichtag gegebenen Verhältnissen. Schätzungen, die auf bloßen pessimistischen Prognosen zur zukünftigen Entwicklung beruhen sind unbeachtlich.