Wer die direkte Konfrontation meidet, dafür aber das vermeintliche Fehlverhalten eines Mitmieters beim Vermieter anzeigt, muss damit rechnen, enttarnt zu werden. Oder greift hier die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine für Vermieter wichtige Auslegung der Rechtslage beim Datenschutz vorgenommen.
In einem Mietshaus informierte ein Mieter seinen Vermieter über üble Gerüche und Ungeziefer, die aus einer Wohnung eines anderen Mieters im Haus kämen. Der Vermieter inspizierte die Lage vor Ort. In der Tat machte die Wohnung des benannten Mieters einen verwahrlosten Eindruck. Ob es auch eine Geruchsbelästigung gab oder gar Ungeziefer im Hausflur gab, blieb später vor Gericht ungeklärt.
Der Vermieter verlangte vom ertappten Mieter, dass er seine Wohnung entrümpele und gründlich reinige. Dieser Aufforderung kam der Mieter nach und wollte im Gegenzug erfahren, welcher der anderen Mieter ihn angeschwärzt habe.
Der Vermieter sah sich aus Datenschutzgründen nicht in der Lage, diese Auskunft zu erteilen. Zudem wollte er nicht riskieren, dass ihm künftig entsprechende Hinweise von anderen Mietern vorenthalten werden, wenn er Namen weitergeben würde. Daraufhin zog der verärgerte Mieter vor Gericht. Doch sowohl das Landgericht in der 1. Instanz als auch das Oberlandesgericht in der Berufungsinstanz wiesen die Klage ab.
Erst der BGH erklärte, dass dem angeschwärzten Mieter unter Umständen das Recht zustehe, vom Vermieter die hinweisgebende Person genannt zu bekommen. Das wäre gegeben, wenn der Mieter z.B. durch eine unbewiesene üble Nachrede Schadensersatzansprüche stellen könnte. Mit diesem Urteil haben die Bundesrichter eine für Vermieter wichtige Auslegung der Rechtslage beim Datenschutz vorgenommen.
Nach Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) haben Mieter das Recht, vom Vermieter zu erfahren, welche personenbezogenen Daten zu welchem Zweck über sie verarbeitet werden. Bei Daten, die Mieter ihren Vermietern nicht selbst zur Verfügung gestellt haben, sind sie berechtigt, die Quelle der Daten zu erfahren.
Der BGH stellte im konkreten Fall klar, dass es sich bei der Anschuldigung über Gerüche und Ungeziefer im Treppenhaus um personenbezogene Daten handele, die sich direkt auf den Mieter beziehen, von ihm selbst aber nicht offenbart wurden. Demnach habe der Mieter nach der DSGVO ein Recht darauf, die Quelle der Daten zu erfahren. Ihm müsse der Name der hinweisgebenden Person genannt werden. Dieses Recht ist allerdings gegen das Geheimhaltungsinteresse des Hinweisgebenden abzuwägen. Es konnte nicht bewiesen werden, dass es tatsächlich Ungeziefer und eine Geruchsbelästigung gab. Daher müsse das Gericht davon ausgehen, dass die Anschuldigungen des Hinweisgebenden zumindest objektiv nicht zutrafen. Solche Behauptungen konnten aber das Ansehen des Mieters schädigen und somit in seine Persönlichkeitsrechte eingreifen. Damit habe er möglicherweise Ansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung gegen die hinweisgebende Person.
Nach Ansicht des BGH wäre das Interesse des verunglimpften Mieters, diese Ansprüche geltend zu machen, höher zu gewichten als das Geheimhaltungsinteresse der anderen Mietpartei. Wer unzutreffende Anschuldigungen herausposaune, dürfe nicht auf Vertraulichkeit hoffen.
BGH, Urteil v. 22.2.2022 – I ZR 14/21, BGH-Entscheidungsdatenbank