Im Urteil vom 05.05.2022 hatte sich der BGH mit der Frage zu beschäftigen, wie der Begriff „Abrechnungssumme“ in einer Vertragsstrafenklausel eines Werkvertrages zu verstehen ist.
Die Vertragsstrafe war im vorliegenden Fall verwirkt, weil der Werkunternehmer den vereinbarten Fertigstellungstermin zeitlich überschritten hatte. Der Besteller (Beklagter) forderte daraufhin die Zahlung einer Vertragsstrafe, die er der Höhe nach nach der Brutto-Abrechnungssumme berechnete.
Der BGH hat diese Vorgehensweise beanstandet und führte insoweit aus, dass allein aus dem Begriff „Abrechnungssumme“ nicht ersichtlich sei, ob der Verwender der Klausel die Netto-Abrechnungssumme oder die Brutto-Abrechnungssumme meint. Denn gerade im unternehmerischen Verkehr sei es durchaus üblich, dass der Begriff „Abrechnungssumme“ die Umsatzsteuer nicht einschließe, weil im unternehmerischen Verkehr die Vertragspartner typischerweise zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Da somit eine eindeutige Auslegung zu Gunsten des einen oder des anderen Verständnisses nicht möglich war, wandte der BGH die Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB an mit der Folge, dass diejenige Auslegung maßgebend ist, durch die der Werkunternehmer als Vertragspartner des Verwenders der Klausel begünstigt wird. Begünstigt wird er im vorliegenden Fall durch eine Auslegung als „Netto-Abrechnungssumme“, da diese geringer als die „Brutto-Abrechnungssumme“ ist, sodass die Vertragsstrafe entsprechend niedriger ausfällt. Da aufgrund der Anwendung der Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB somit ein eindeutiges Ergebnis vom BGH gefunden wurde, kam aus seiner Sicht eine Intransparenz der Klausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB nicht in Betracht.
BGH, Urteil vom 05.05.2022 – VII ZR 176/20, BGH-Entscheidungsdatenbank