BGH: Vergemeinschaftung von Mängelansprüchen in der WEG

Der Käufer einer gebrauchten Eigentumswohnung forderte vom Verkäufer die Nachbesserung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum. Sodann beschloss die Wohnungseigentümergemeinschaft, diese Mängelrechte an sich zu ziehen, also gemeinschaftlich geltend zu machen. Hier hatte sich der BGH mit der Frage nach der Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft zu befassen.

In der Rechtsprechung ist es seit langem anerkannt, dass individuelle Mängelansprüche eines Wohnungseigentümers, soweit sie das Gemeinschaftseigentum betreffen, vergemeinschaftet werden können, sodass solche Mängelrechte dann nur noch von der Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht mehr von dem einzelnen Erwerber ausgeübt werden können. Diese Option ist in erster Linie bei werkvertraglichen Mängelansprüchen entwickelt worden, die sich z.B. gegen den Bauträger richten, der die Eigentumswohnanlage errichtet hat. Inzwischen hat der BGH die Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft auch bei kaufrechtlichen Mängelrechten anerkannt, wenn also ein Erwerber eine Wohnung gekauft hat und den Verkäufer auf Gewährleistung in Anspruch nimmt. Auch solche Ansprüche können durch Mehrheitsbeschluss vergemeinschaftet werden.

Nach dem früheren WEG wurde unterschieden zwischen Mängelrechten, die von vorneherein nur der Gemeinschaft zustehen, und solchen, die entweder vom Einzelnen individuell ausgeübt oder auf die Gemeinschaft übertragen werden können. Mit der Novelle des WEG ist diese Unterscheidung grundsätzlich weggefallen. Danach übt die Gemeinschaft kraft Gesetzes diejenigen Rechte aus, die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergeben sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern (§ 9a Abs. 2 WEG n.F.).

Seither ist umstritten, ob es überhaupt noch eine Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft gibt, um individuelle Mängelrechte einzelner Eigentümer an sich zu ziehen. Der BGH hat nunmehr klargestellt, dass es diese Option weiterhin gibt, auch wenn die Voraussetzungen für eine einheitliche Rechtsverfolgung nach § 9a Abs. 2 WEG nicht unbedingt erfüllt sind. Dies gilt nach wie vor auch bei kaufrechtlichen Nacherfüllungsansprüchen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft konnte also durch Mehrheitsbeschluss die Individualansprüche des Erwerbers an sich ziehen.

BGH, Urteil vom 11.11.2022 – V ZR 213/21, BGH-Entscheidungsdatenbank, Pressemitteilung Nr. 162/2022