LG Lübeck: Keine vollständige Vorleistungspflicht des Käufers beim Kauf einer Küche

Die Regelung in einer AGB, wonach der Käufer im Falle des Kaufs einer Küche im Voraus vollständig in Vorleistung treten muss, ist unwirksam. Dies entschied das Landgericht Lübeck in seinem Urteil vom 20.02.2024.
Der Kläger bestellte im Jahr 2020 bei der Beklagten eine von ihr zu planende, herzustellende und zu liefernde Küche zum Preis von 26.950,00 € brutto und leistete eine Anzahlung in Höhe von 13.475,00 €. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag enthielt unter anderem die folgende Klausel:

„Der vollständige Restbetrag ist ohne Abzüge bei Anlieferung in bar gegenüber unserem Fahrer/Monteur fällig oder kann von Ihnen per Vorabüberweisung auf unser Geschäftskonto ausgeglichen werden. Bitte achten Sie in diesem Fall darauf, dass der Betrag rechtzeitig bei uns gutschrieben ist, sodass wir bei der Auslieferung Ihrer Küche dem Fahrer noch den Zahlungseingangsbeleg mitgeben können.“

Als die Küche sodann im Juli 2021 bei dem Kläger angeliefert wurde, weigerte sich dieser, die Restzahlung vor dem Abladen und der Montage der Küche zu leisten. Die Monteure nahmen daraufhin die Küche wieder mit. Eine von dem Kläger im September 2021 gesetzte Frist zur Vertragserfüllung innerhalb von zwei Wochen verstrich ohne Ergebnis. Es kam in der Folge zu einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Lübeck, welches die Beklagte mit Versäumnisurteil vom 25.05.2022 zur Lieferung und Montage der Küche verurteilte, allerdings nur Zug-um-Zug gegen Zahlung von 13.475,00 €.

Die Lieferung der Küche erfolgte jedoch auch weiterhin nicht, da der Kläger nach wie vor der Auffassung war, vor der Montage nicht zahlen zu müssen. Der Kläger trat sodann vom Kaufvertrag zurück und verlangte von der Beklagten die Rückzahlung der bereits geleisteten Anzahlung sowie eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 13.200,00 € wegen der nicht montierten Küche. Die Beklagte wies die geltend gemachten Ansprüche mit Hinweis auf die oben genannte Vertragsklausel zurück.

Das Landgericht Lübeck verurteilte im darauffolgenden (zweiten) Rechtsstreit die Beklagte zur Rückzahlung des angezahlten Betrags, lehnte jedoch die Nutzungsausfallentschädigung ab:

In seiner Entscheidung führt das Landgericht aus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Vertrag um einen Vertrag über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen handle, weshalb gemäß § 650 Abs. 1 BGB Kaufrecht anzuwenden sei. Der Schwerpunkt der vertraglichen Leistungspflicht liege auf der Verschaffung von Eigentum und Besitz, was sich auch aus dem für die Montage angesetzten Pauschalbetrag von 750,00 € ergebe. Der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen, den Restbetrag vor der Ablieferung und Montage der Küche zu zahlen, da die entsprechende Vertragsklausel unwirksam sei. Das Landgericht führte insoweit u.a. folgendes aus:

„Die Klausel ist gleichwohl unwirksam, weil die Beklagte die berechtigten Interessen ihrer Kunden in keiner Weise berücksichtigt hat. […] Die Kunden werden verpflichtet, vor dem Einbau der anzuliefernden Gegenstände die volle Vergütung zu zahlen. Sie verlieren auf diese Weise jedes Druckmittel, falls der Einbau mangelhaft ist. Das ist eine unangemessene Benachteiligung des Kunden, mit der die Beklagte ihre Absichten einseitig durchgesetzt und nicht für einen sachgerechten Interessenausgleich Sorge getragen hat.“

Einen Anspruch des Klägers auf Nutzungsausfallentschädigung verneinte das Landgericht. Der Verlust von Nutzungsvorteilen stelle in diesem Fall keinen ersatzfähigen Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB dar. Denn Letzterer liege jedenfalls dann nicht vor, wenn eine Sache – wie in diesem Fall – erst noch hergestellt werden müsse.

Landgericht Lübeck: Urteil v. 20.02.2024, Az. 10 O 91/23